Am ersten Juni-Wochenende 2019 fanden zum neunten Mal die Setukara Yoga Tage in Neulengbach/NÖ statt. Ich bekam die Gelegenheit zu assistieren und Chair Yoga – Yoga am Sessel zu unterrichten. Mein Resümee über ein Wochenende des Staunens:
Setukara Yoga ist ein Projekt für mehr Erfahrungsräume im Bereich der sozialen Inklusion, gegründet von Daniela Leitgeb 2011. Das Sanskrit-Wort Setukara bedeutet „Brücken bauen“. Es geht darum Bewegungs- und Begegnungsräume zu schaffen, in denen die Vielfalt der Menschen insbesondere in ihrer bereichernden Natur wahrgenommen und zugelassen werden kann.
Gemütliches Ankommen
Als ich in der Villa Berging ankomme, sind alle anderen bereits da. Daniela Leitgeb umarmt mich herzlich zur Begrüßung und zeigt mir die Räumlichkeiten. „Wir lassen uns nicht stressen, wir fangen dann an, wenn wir bereit sind“, bekomme ich als Antwort auf meine Frage, ob ich schon spät dran bin für die Willkommens-Einheit.
Im Workshop „Ankommen“ bekommen alle die Gelegenheit sich vorzustellen, manche erzählen eine Geschichte, andere nicht. Genug Zeit wird auch für das Thema Freiwilligkeit verwendet. Dejan Popovic, Arzt und Therapeut, gibt eine Vielzahl von Impulsen was „freiwillig“ bedeuten kann. Sei es eine Yoga Einheit, eine Umarmung, gemeinsames Essen oder andere Aktivitäten der Woche. Allen ist es freigestellt, wo und in welcher Intensität sie mitmachen. In unserer Realität von Leistungsdruck und „Fear of missing out“ ist das ein wunderbarer Gegenpol. Einfach mal was auslassen, wenn einem nicht danach ist.
Yoga barriere-FREI-willig
Der Raum lädt ein zum Verweilen. Das Obergeschoss des ehemaligen Wirtschaftsgebäudes der Villa Berging zeichnet sich aus durch die Raumhöhe, der Dachstuhl und sie Dachschrägen geben sowohl Freiraum als auch Geborgenheit. Die Ecken sind mit individuell gestalteten Sesseln und Couches bestückt.
Yogamatten, Sitzkissen und Sesseln werden hergerichtet bevor die erste Yoga Einheit beginnt. Der Raum, der nun entsteht, lädt ein zum Hereinkommen, Da sein, und Mitmachen. Das langsame und ruhige Tempo der Yogastunde bietet Zeit zum Erkunden der Positionen und zum Verweilen. Während der Stunde machen einige mit, manche nehmen sich Zeit für ein Nickerchen oder zum Zuschauen. Die Lehrerinnen Daniela und Karola nehmen das ganze mit Humor. Sie geben persönliche Assists, beantworten Rückfragen und lassen Hoppalas zu. Alles hat Platz in diesen Freiraum.
Mut zum freiwilligen Handeln
Neben den ganzheitlichen Yogastunden wird noch einiges geboten. Dejan hält einen Workshop über die Verbindung zur eigenen Psyche durch Körperwahrnehmung.
Frei und Wille: Was will ich gerade? Um diese Frage zu beantworten braucht es Mut ein klares Ja oder Nein auszusprechen bzw. auch anzunehmen. Der Workshop Achtsame Berührung von Christine Müller widmet sich diesem Thema: die Grenzen zu wahren, bei ich selbst und bei anderen. Durch unterschiedliche Übungen hatten die Teilnehmer die Gelegenheit herauszufinden, was sie gerade fühlen und brauchen. Mir einfachen Berührungsübungen wird das vermittelte Wissen umgesetzt.
Gemeinsam essen und gemeinsam sein
Beim gemeinsamen Essen wurde jedes Mal ein Kärtchen mit einem „Was ich dir Wünsche“-Spruch vorgelesen. Jeden Tag fand so ein weiterer Spruch Platz auf dem Blumenstrauß am Tisch. Einen gemütlichen Abend-Ausklang mit Film schauen oder Lagerfeuer bis hin zu einer Talentshow fanden jene, die auch abends noch Gesellschaft suchen.
Chair Yoga und Yoga Nidra
Daniela und Karola gaben mir die Gelegenheit eine Einheit mit Chair Yoga – Yoga am Sessel und Yoga Nidra – Tiefenentspannung zu gestalten. Ich gebe zu ich war im Vorfeld etwas nervös. Doch als alle neugierig auf den Sesseln Platz nahmen, verfolg die Nervosität schnell. Ich freute mich über die rege Teilnahme. Sogar jene, die vorher oft zuschauten, trauten sich mitzumachen. Im Sessel zu sitzen ist wohl ein vertrautes Gefühl, bei dem das Mitmachen leichter fällt als auf der Matte. Die Stunde gestaltete sich heiter und kurzweilig. Auch am Ende bei der 20-minütigen Tiefenentspannung Yoga Nidra waren alle dabei. Die Einladung zum Liegen auf der Matte und „Nichts tun“ fand Anklang. Mehr zu Yoga Nidra erfährst du in diesem Blogartikel. Mehr zu Chair Yoga kommt in Kürze. 🙂
Fazit
Ein Wochenende, das mich immer wieder zum Staunen brachte. Nach vielen Jahren Yoga habe ich aufs Neue erkannt, dass die Kleinigkeiten und die einfachen Dinge uns oft mehr beflügeln als die großen und mächtigen. Mehr Foto-Impressionen und Informationen findest du auf der Facebook-Seite oder auf der Website von Setukara Yoga.
Ein exzellentes und liebevoll gestaltetes Wochenende, das ich jedem empfehlen kann. Mit und ohne Behinderung.
Und: In der Villa Berging wird wunderbar geschmackig gekocht. Auf Wunsch auch deftig vegetarisch. Die Zimmer sind so individuell und vielfältig gestaltet, wie wir Menschen. Alle sind ein bisschen anders, alle haben wir unseren Glanz und unsere Macken.